Caterina
Sforza war dagegen
weniger an Kunst
interessiert, eher an
Reiten und der Jagd.
In ihr schlummerten
dunkle Seiten: Sie
mußte ein Schicksal
erleiden, das dazu
führte, daß sie nach
dem Mord an ihrem
zweiten Gatten zur
rächenden Furie wurde
und sich in eine Orgie
aus Blut stürzte, der
Schuldige wie
Unschuldige, Frauen
und Kinder zum Opfer
fielen, insgesamt
fünfzig Personen.
Diese
Tatsache mag dazu
geführt haben, daß
sich bisher - nach
meiner Kenntnis -
keine Schriftstellerin
im deutschsprachigen
Raum angeregt gefühlt
hat, über sie einen
Roman zu schreiben.
Caterina Sforza paßt
nicht in das
Klischee-Bild kluger
und feinsinniger
Kunstliebhaberinnen,
die auf reichen Höfen
einen Kreis
intellektueller Männer
um sich zu scharen
wußten. Sie war die
(im übrigen
illegitime) Tochter
einer Krieger-Familie
und bereits als Kind
ein kaum zu bremsender
Wildfang, ein Liebling
ihrer charakterstarken
Großeltern.
Wie
damals üblich, wurde
Caterina von ihrem
Vater nach
machttaktischen
Gesichtspunkten mit
dem Lieblingsneffen
des Papstes und
zweitmächtigsten Mann
in der Heiligen Stadt
verheiratet: ein
Unglück für sie.
Caterina führte in
jeder Hinsicht ein
Leben voller Extreme.
Als eine strahlende,
überaus sinnliche
Frau, die ungern
allein ins Bett ging,
brachte sie neun
gesunde Kinder auf die
Welt, sie ritt noch
bis zum letzten Tag
vor der Entbindung und
sofort wieder danach,
sie kämpfte mit dem
Schwert wie ein Mann
und war in der Lage,
nicht nur einen Hof zu
leiten, sondern auch
Soldaten zu drillen.
Sie ertrug
Eingesperrtsein und
Langeweile, Armut und
Todesnähe. Als
Vatertochter war sie
äußerst ehrgeizig, im
Gegensatz zu ihrem
Mann jedoch nie
skrupellos,
heimtückisch oder
feige. Ihr Mut, ja,
ihr trotzige Kühnheit
war ebenso legendär
wie ihre Rachsucht.
Nicht zufällig wurde
sie von ihren
Zeitgenossen nicht nur
la primadonna
d'Italia, sondern auch
la tigressa genannt.
Was
mich schon bei der
Lektüre ihres
Lebensabrisses
faszinierte, war diese
Mischung aus gut und
böse, Licht und
Schatten, komethaftem
Aufstieg und tiefem
Fall. Ich schilderte
ihre Begegnung mit
Cesare Borgia bereits
in "Die Geliebte des
Papstes", führte sie
dort also als
Nebenfigur ein, noch
bevor ich mich
intensiv mit ihrem
Werdegang
beschäftigte.
Erfreulicherweise
ist ihr Leben gut
belegt. Zeitgenossen
wie Machiavelli haben
sich bewundernd über
sie geäußert und große
Szenen überliefert,
die von heutigen
Historikern teilweise
als Legenden
bezeichnet werden, die
sich aber in einem
Roman hervorragend
machen. Es gibt aus
dem Ende des 19.
Jahrhunderts eine
mehrbändige Biographie
von Piero Pasolini mit
einer umfangreichen
Dokumentensammlung.
Ernst Breisach hat in
den dreißiger Jahren
des vergangenen
Jahrhunderts eine
eingehende Biographie
in englischer Sprache
verfaßt. Mittlerweile
gibt es ein paar mehr
Arbeiten über sie,
aber insgesamt ist sie
im deutschen
Sprachraum relativ
unbekannt geblieben.
Es gibt einige
Porträts von ihr.
Zudem kann man noch
heute die Orte ihres
Wirkens besichtigen,
die Castelli in
Mailand und Forlì,
allerdings nicht in
der Einrichtung oder
Ausstattung von
damals.

Sandro
Botticelli:
Caterina Sforza |
Je
mehr ich mich
mit ihr
beschäftigte,
desto mehr
faszinierten
mich ihr
abenteuerliches
Leben und ihr
überaus
ambivalenter
Charakter, und
so beschloß
ich, sie als
eine Parallel-
und
gleichzeitig
Gegenfigur zu
Silvia Ruffini
zu entwerfen.
Während Silvia
Ruffini nicht
oder kaum an
die
Öffentlichkeit
trat, spielte
Caterina eine
wichtige Rolle
im Italien des
ausgehenden
15.
Jahrhunderts.
Trotz ihres
tragischen
Endes blieb
sie letzten
Endes Siegerin
über ihre
zahlreichen
Widersacher:
als Ahnfrau
der
Bourbonendynastien,
als
Urgroßmutter
der Könige von
Gottes Gnaden.
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