Die
Provençalin
Zur
Entstehung des Romans
Zur
Ergänzung dessen, was im Nachwort
gesagt wurde:
Zu Beginn meiner Romanentwurfs war ich in erster
Linie an Jean Maynier interessiert, einem religiösen
Fanatiker, der Tausende unschuldiger Menschen
auf dem Gewissen hat. Ich versuchte, einen absoluten
Bösewicht zu vermenschlichen, wollte ihm
eine Lebensberechtigung geben, vielleicht sogar,
ihn verständlich machen.
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Warum
wird ein Mensch zum Verfolger und Mörder?
Hat er nicht vielleicht auch gute Seiten? Allerdings
ist es problematisch, eine so düstere Person
wie Jean Maynier zum Protagonisten zu machen.
Also stellte ich ihm eine "positive"
Figur gegenüber: seinen Sohn. Dabei zeigte
sich, daß auch der "Gute" problematische
Seiten hat und unschuldig schuldig, also zu einer
tragischen Figur wird, wie vor ihm schon der "Böse".
Das gleiche gilt von der weiblichen Hauptfigur,
der "Provençalin". Was mich ebenfalls
interessierte, war die Romeo-und-Julia-Geschichte,
die Folgen einer aus Sozialdünkel gescheiterten
Liebe.
Über Jean Maynier gibt es mehrere Lebenslegenden,
die nicht sehr detailliert sind und sich gegenseitig
ergänzen, wie bei griechischen Mythen, bei
denen das farbigste Bild entsteht, wenn man sie
alle erzählt. So ähnlich habe ich es
in meinem Fall gehalten. Es gab die historische
Figur des Barons Jean Maynier d'Oppède,
der Erster Präsident des "parlement"
von Aix wurde und auf Grund einer spezifischen
historischen Situation in die Lage versetzt wurde,
die Waldenser vom Luberon blutig zu verfolgen
- auf der Rechtsgrundlage eines "arrêt"
des Königs. Aus der Verfolgung von neunzehn
Familien entwickelte sich ein grausames Massaker,
ein Vorläufer der Religionskriege, dessen
Spuren noch heute im Luberon zu finden sind. Es
kam anschließend, auch auf Betreiben der
"Provençalin" hin, zu einer Untersuchung
und zu einem Prozeß, an dessen Ende Jean
Maynier freigesprochen wurde. Wahrscheinlich starb
er, wie im Roman geschildert, an Gift. Sein Sohn
konvertierte zum Protestantismus, ließ sich
in der Nähe von Bielefeld nieder und nahm
den Namen Dopheide an. Seine zahlreichen Nachfahren
bilden noch heute einen Familienverband.
Ursprünglich hieß der Roman "Die
provençalische Nacht" - dies läßt
sich wörtlich wie metaphorisch verstehen
und signalisiert etwas Doppeldeutiges. Der Verlag
wollte jedoch an den Erfolg der "Päpstin"
anknüpfen und weibliche Leser ansprechen.
So gab es ein längeres Hin und Her, bis schließlich
die Marketing-Experten siegten und eine Frau in
den Titel setzten.
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