(1964)
AUCH SIE
Noch einmal zögernd
die Zypressen des Abends:
dort, wo ich die Spuren suchte,
die vergessenen Abende über dem Hundegekläff,
die Katzensucht, die Ohnmacht
der Agaven, verlassen und zur Schau gestellt -:
dort war,
unter weißlächelndem Winde,
die Macchialiebe,
vergessener Mittag am Rande der Trauer,
weggeworfen der Blick, den der Vogel
im Schnabel hielt, ins Meer warf,
mit Segeln bespickt und
mit dem Himmel überworfen.
Auch sie
mußte sterben
unter dem Lächeln des Nachmittags,
beim Singsang der Mönche,
dem stumpfen Blick der Ikonen -:
das Messer
ertrank in ihrem Hals,
der Makel
brannte sein Zeichen
auf den gebeugten Rücken der Zeit.
(1966)
LORCAS TOD
1936, der Sommer des
Blutes,
es lebe der Tod.
Lorcas letzter Schrei
blieb elliptisch
wie sein Leben. Die Blutspur
zur Schlucht. Erschossen, verscharrt.
In Sevilla lagen morgens
die Opfer
mit den Gesichtern zur Sonne.
Für die Mörder
ist ein Toter
einer, der schweigt.
"Hör, mein Sohn, auf das Schweigen."
(1975)
CABO VICENTE
Das Ende eines Kontinents
weist
in die unlösbare Zukunft
der Hoffnung mit prallen Segeln und dem Skorbut
im Gebiß kamen die Eroberer
und lösten die Aufgabe der Ausrottung
aber
die Wellen ziehen sich zurück und
Jagdbomber drehen ihre Kurven
über der Unschuld der Kadaver die Arenen
sind gefüllt die Fußballstadien Gefängnisinseln
ein letztes Zittern überläuft ihre Brust der rote Hummer
wartet auf das Brecheisen Blicke wie Messer
in arktischer Sonne gegen das Auge gerichtet das Kleid
schlitzt sich auf bis zu den Schenkeln
der andalusische Hund heult über die Balkone gebeugt
die schwarzen Wolken Ophelia die hinunter schwimmt
Hebriden und westwärts Meer den Vögeln
den verrostenden Patronen
aber
die Toten sterben noch die Nackten aus den weichen Pornos
die Füsilierten sinken tapfer ins Gras tiefer im Meer
wird das Wasser grün und Silberpappeln am Wegrand während
die Mutter im Schatten strickt suchen die Fliegen
die Augen der Kinder
und
der Vater bleibt stumm
bis zu den Gefängnissen der Hauptstadt
aber
dann die Philosophie
der Papageienschaukel
Daumenschraubenargumente Elektroschockvernunft
bewundernd stehen Fremde
am Rande
des Wassers
der Wellen
der Hoffnung
und
im Halbkreis wird gerichet
und
wieder werfen die Menschen
den Stein
aber
die Kinder lächeln noch immer uns an
(1976)
WEIHNACHTSSEGEN
Wo
steckt das Messer wenn nicht im Fleisch
schwere Lagen Wellenbrecher Kohldampfgeschiebe
wo bleibt die Zeit der Hühner fragwürdig
bleiben aber auch die Segnungen des Todes
Segelflugwetterbericht
es landet ein Gedanke
verflüchtet sich
bis schönere Wolken den Himmel umgeben
lustloses Getümmel
der Worthülsen Bierschaum Dreckschleuder
sanftgerippter Exzentriker
wer nicht ein weiß
noch aus
ist
der Schönheit preis-
gegeben sagt der Dichter
o Felsenschlucht der Adlerflüge Prometheussingen
Radieschengeheul
nie mehr
werd ich dich verlassen Ariadne auf Naxos sind die Gänse
still das Kapitol hat ausgelitten
ich
finde die Saat auf der die Zähne gedeihen Sargnägel-
betten Fiaker im Sturm Traumstraßengespräche
von früh bis spät und bibelfeste Kreuzeckreime
die Abschaltquoten
aber
sind hoch
gesegnete Weihnacht
(1978)
THERMOPYLÄ
Todesschrei, du
willenloses Ungeheuer,
sprach der Mann,
sichtete die Tigerfelle Löwenpranken goldenes Vlies,
sprach der Mann am Rande der Straße,
an der die Tobsuchtsanfälle gescheiterter Sieger
vorbei
sich erschöpften.
Wanderer,
kommst du nach Hause,
im Falle du kommst,
so sage denen,
die noch warten,
wir lägen gut und überhaupt, man danke.
Wenigstens einer,
der gut ist und zu lauschen versteht,
was die Blätter flüstern, die vom vorigen Jahr
oder Jahrhundert
oder Jahrtausend,
vom Wurm zerfressen,
aber
die unsterbliche Seele lebt,
lebt,
kein Zweifel.
(1981)
SPIELE
Schneewittchen
steht unberührt
vom Anblick
der sieben Zwerge die sich das Unterholz
voll schöner Zweige um die Hüfte legen
um damit Haschemich zu spielen
ich
bin der Frühling mußt du wissen
Laßt uns doch
setzen blinde Kuh
vertauschte Köpfe
unglückseliges Gesicht
nun lach doch
Wort für Wort
und Zug um Zug
schach
matt
(1982)
NACH ALTEN WEISEN
Sagen wir nicht mehr:
Es ist doch alles eitel!
Denn wähne das Bild:
Gestutzte Perücken, ein altes Barthaar
des Propheten, und dann die Lebenslinie eines Rocks,
auf den sich die Barhocker freuen.
O Trost der Nacht,
gib mir den Cocktail grün
so wie die Augen, die ihn trinken.
Maulaffen feilzuhalten
ist das Gebot der späten Stunde.
Drück dir die Nase platt
und schau: Nichts mehr ist tot,
die Lichter fließen,
zucken und betäuben dich.
Dahin! Dahin!
Geländegängig. Die Stengelspitze glüht.
Auf Hochglanz und Papier.
(1986)
ROMANZE
So schüchtern wie
verrufen
streicht das Mädchen um die Ecke,
ein Straßenkleid bis zu der Schenkelbiegung
hoch gelüftet, Einsamkeit
und schwere Jugend, Jitterbug die Eltern,
dann die Droge Krieg, schwarzer Handel,
ausgesetzte Kinder.
Geheimratsecken zwirbeln
ihre Witze,
Scheine weiten Herz und Dekolletée,
eine Prise Schnupftabak
und zum Schlürfen erogene Zonen,
früher Einsamkeit, die Droge Krieg,
aber immer weiß der Handschuh -:
darf ich bitten, meine Dame!
(1987)
VOGELKUNDE
Das Ende ist des Anfangs
bestes Stück.
Es lockt die Maden und die Würmer.
Doch bald schon hockt der
Geier auf dem Zaun,
der Feuervogel, ruhiges Gestirn,
und will sich stürzen auf das Aas,
verrecktes Ende,
Blutspur, dünne Fäden.
Was klage ich -
die Adler, stolz geflogen, hoher Einsatz
degradiert zum Wappentier -
den Totenvogel will ich
loben:
er zerrt, die Federn tief
in Blut getränkt,
das Innere hervor,
und später zieht er wartend seine Kreise.
(1988)
FRIEDHOFSRUHE
Wie schmerzlos alles hier
begraben liegt,
der Zahn der Zeit,
der Malstrom der Geschäfte,
die Seite eines großen Buchs,
dann einesteils und andernteils,
nun liegt es still hier
blumenübersät,
ein letztes Mal gefrackt und aufgetakelt,
ein Festmahl für die Würmer,
und wartet,
daß die Zeit
sich keinen Zahn mehr ziehen läßt,
das Zahlenmeer sich an den Felsen bricht,
der letzte Vers vergilbt
und alle Hilfsprothesen aus dem Schädel
fallen.
(1988)
OFF LIMITS
Ja, immer wieder.
Weit.
Weither die Sterne, Nebel. Bilderstürze.
Ein Mann wie weiland Jeremias, sein gottverdammter Hang zur Klage,
mir klang die Sprache noch wie Mutters Singen,
geschwärzte Stunden, die seidenkühle Haut
aus der Erinnerung gestrichen,
das Blaskonzert vorm Haus zog stumm vorbei,
die Füße kratzten übers Trottoir,
o Glücksersatz!
Verweile doch, mit deiner tiefen Stimme,
so warm in deinem Nerz!
Auf deinen feuchten Lippen stand geschrieben, was ich wissen wollte,
und unvergeßlich deine Fingernägel,
so schön bösrot wie Amihuren,
von denen damals viele durch die Sprüche meines Vaters huschten,
und auf den Straßen rissen sie die Boys von drüben auf.
So sagte man.
Off limits.
Marineblaue Stunden.
Und viele dann im Ehehafen sicher weich gelandet.
Und manchmal Panzer vor dem Haus. Wir Kinder an den Scheiben
die Nase platt gedrückt. Und letzte Überbleibsel
von dem just vergangnen Bombenregen
verschliefen still die ausdrucksstarke Stunde
nah am Spielplatz, Trümmergrund.
Der Mensch sucht gern die Nähe der Gefahr.
Doch weiße Pfeile
verwiesen uns
der Kinderparadiese.
(1988)
STANDHAFTE LIEBE
Der Tod will lieben,
geduldig folgt er deinen Spuren,
tänzelt durch Laubengänge,
leise flüsternd,
umgeben von Süßholz,
ein Locken und Raspeln,
er hat dem Schrei längst abgeschworen,
dem Pesthauch, Schwertstreich, Stacheldraht,
dem sirrenden Geschoß, der altersmüden Krücke,
er liebt den stolzen Gang, das Wangenrot
und nistet in überpuderten Falten,
schlägt Mandolinenklänge an,
verschmäht auch Rosen nicht,
er liebt das Herz und seine Seele,
er liebt das Amen in der Kirche,
er schickt den Strauß aus Karzinomen
und tanzt mit uns,
bis wir ihm ganz ergeben sind.
(1989)
AM SEE
Am Saum des Wassers
Stille ringsumher.
Ein Möwenschrei, die Spätgeburt, zerteilt
den Nebel nicht, der Steg am See verliert
sich, auf den Wegen träumen
die Mütter, die Kinderwagen schaukeln vor sich hin,
die Alten spielen Schach, und Gott schaut zu,
er lächelt gewiß.
Ein Tag, an dem die
Blicke schmeicheln,
die sanften Limousinen streichen
vorbei, die Damen entsteigen
ihren Hochglanz-Magazinen, du gehst
durch sie hindurch und spürst,
verspätet nur, den Duft, sonst nichts,
ein mildes Lächeln, endlich weißt du,
Gott ist feminin.
Der König flieht der
Dame, am Rand
des Bretts die Steine, Läufer, Pferd
und Turm, die Stille und der Nebel
Hand in Hand, die Kinder wach,
mit Puppenaugen, die Möwen wiegen sich
und glauben an die Sympathie der Göttin,
die leicht nur auf der Muschel schwebt,
ihr Dekolletée entblößt am Saum des Sees.
(1989)
NACH SIEBEN FETTEN
JAHREN
Gelegentlich schaun wir
vorbei:
still träumt der Garten seinen Rosentraum,
das Unkraut blüht, die Wiese nebenan
steht voll im Saft von Klärschlamm,
Jauche und dem andren Mist.
Das Hexenhäuschen
rottet vor sich hin. Ja leider.
Die Hexe starb den Gnadentod, stolz steht
das Zweifamilienhaus im Klee, und oben Hänsel, unten Gretel.
Im Tiefflug wird geschützt, was wir zum Atmen brauchen,
was unser ist bis in den Tod, Computer wachen,
Bodybuilding bläst die Muskeln auf,
die Herzen ticken zackig
auf den Monitoren.
Die Hexe starb, zuviel
der Süßigkeiten,
die Wände bröckeln, dem bißchen sauren Regen
rücken wir mit Sacharin zu Leib.
Das Radio plärrt und
warnt vorm Geisterfahrer,
die Tagesthemen blicken ernst der Gretel auf das Bügelbrett,
und Hänsel oben wichst die Kurse, zählt die Golddukaten.
Fett warn die letzten sieben Jahre.
So kann es weitergehn.
(1989)
SPIEL MIR DIE WEISE
Fernher, vom Wald,
hör ich
die Weise von Wieland dem Schmied.
Und Alberich tritt auf,
Glücksrittersöhne,
Blutrachenkinder,
Wälsungenbrut,
die Mütter verfluchten ihren Bauch
und kamen nieder.
Mit Lust, den Speer
hinein,
die Augen funkeln böse,
so will es die Regie,
und noch ein letzter Seufzer,
Labsal Tod.
Gedeutet einst, die Welt
ist heut ein Spielzeugkasten
demolierter Zeichen,
Fernsehbilder flimmern hin,
die Kinderaugen öffnen sich,
es brechen nieder Angst Agenten
nieder mit den Augen töte töte
Menschenwild es beugt sich über die Quelle
der blonde Mann der schwarze Mann
stillt seinen Durst.
Wir sehn den Speer noch
zittern
und fühlen einen Stich im Herzen,
voll der Erleichterung.
(1989)
ROSIGE AUSSICHTEN
Aus Abendrot wird
Morgenrot
Schönwetterbot
aus blutrot wurde rosig
o Morgenrot du leuchtest mir
und Morgenstund hat Gold im Mund
nur kein Verdruß
wir darbten genug
wir schieben die Zukunft
auf und unsren Kindern in die Schuhe
sie glauben uns noch die kleinen
Gläubiger und wir genießen das Leben
das uns tagtäglich verfolgt
wir zahlen der Mafia
was sie verlangt
und geben dem Staat
der unser großer Bruder ist
was er verdient
hat
an uns
so daß wir alle reicher werden
an Genuß und ohne Reue
schieben wir das Ende noch ein bißchen raus
(1989)
DIE STUNDE NULL
Die Türen
öffnen sich und Stille
vor dem Sturm Gewehr bei Fuß
so stand er in der Wohnung
Wir räumten unser
Innenleben aus
wir schafften die Gesinnung fort
und gaben ab die Waffen Fotoapparat und Uhr
Dann gute Nacht die
Kinder sind todmüde
die Bombennächte haben ausgedient
Laternen sind nun keine Galgen mehr
der eine oder andre Schuß streckt Freiwild nieder
geh auf die Knie ich schieb dir auch 'ne Camel rein
bloß zier dich nicht sonst gute Nacht
Das Glück genannt
der Friede Stunde Null
Zusammenbruch die Männer schleppten
ihre dürren Knochen heim die Laus im Pelz
und alles schön vergessen so ein Glück
Doch das Gerümpel
rottet schlecht
so manches gute Stück
erfüllte wieder seinen guten Zweck
es liegt uns so am Herzen
und nebenan steht gleich der neue Nierentisch
Die Uhren hängen an
der Wand
und sichern unser Handgelenk
natürlich schlägt uns ihre Stunde richtig
der Fotoapparat hält wieder alles fest
die feisten Backen Frolleinwunder den deutschen
Musterknaben Stahlhelm auf dem Kopf
Gewehr bei Fuß und Stille ohne Sturm
(1989)
IKARUS
Wenn Sehnsucht
Flügel leiht,
stürzt Ikarus ins Meer.
Kein Wachs hält stand
dem Wachstum unsrer heißen Wünsche.
Die Federn segeln leise nieder.
Die Sonne brennt in tausend abertausend
Kernfusionen weg, was Größenwahn an Wahnwitz bindet.
Die klügsten Rechner haben ihren Absturz
sich schon programmiert. Was folgt:
die Zeit der Würmer und der Viren.
Das Meer tilgt alle Spuren,
nur eine Feder tänzelt auf dem Wellenkamm.
(1989)
KRÄHENSCHWÄRME,
FLAUMENLEICHTE ZEIT
Der Morgen zeigt sein
schräges Lächeln.
Die Nebel lichten sich nur langsam
von allein. Die Bäume spucken Gold
umher und reichern meine Stimmung an,
schon früh aus Kindermund wird allzu
Wahres kund und dreht sich mir im Magen rum.
Ich falte meine
Hände.
Doch er erhört mich nicht.
Er hat mich schlicht vergessen.
So finden sich die
Stunden ein,
gestürzte Bücherrücken,
ein Laufstall meine Wohnung,
ich spiel mit Wörterchen
und setze sie recht ordentlich zusammen,
der Kindermund wirft alles um
und lacht dabei ganz fröhlich.
Dann schau ich aus dem
Fenster.
Die Krähen setzen schwarze Zapfen.
Die Nebel bleiben ungerührt.
(1989)
LEBENSLUST
Das siebte Siegel brach
entzwei
in ungeheuerlich abstrakten Worten,
die Lagerfeuer tanzten lustig
und über uns ein nächtlich schwarzes Zelt,
wir waren damals schmerzhaft jung.
Die Welt begnügte
sich, noch nicht zu enden,
sie ließ uns alle Möglichkeiten,
und wir, wir setzten unsre Feier fort
und brieten unser Lämmchen.
Das Fest hält an,
auch wenn sein Atem
kürzer wird, der Sensenmann schaut zu,
es klappern seine Knochen, weil er friert.
Denn niemand will ihn lieben.
Obwohl er unser Trost doch ist.
Dann Müdigkeit auf
unsren Augen,
das Dekolletée der Dame Welt
verliert an Reiz.
Die Nächte werden länger,
das Lamm ist aufgezehrt,
das Feuer knistert vor sich hin
und hält die Wölfe fern.
Sie gieren nach dem Aas.
Jetzt dengelt er, der
einzig Wachende,
sein Sensenblatt, er singt dazu,
wir hören seine Lieder
schon im Traum. Der Tanz hat unsre Glieder
schwer gemacht, an Flucht ist nicht zu denken.
(1989)
JAHRESWENDE
Im Grunde sind wir
dafür,
die Dinge beim Namen zu nennen, doch
längst schon wird das Wörterbuch
durchforstet, die Schneisen
werden zu Straßen erklärt, der Regenwald
bleibt widerspenstig und muß schließlich
dem Willen zur Zukunft weichen. Die Wüste lebt.
Da stehen sie, die
Todgeweihten, im Steppengras
und grüßen die Tore der Zoos.
Arbeit macht frei. Im dunkelsten Kral,
bevor ihn der Wüstensturm räumt,
lockt flimmernd das Bild und erleichtert
den Kindern das Sterben, der Rest streckt
die Hand vor die Kamera und erhält seine Krümel.
So feiern wir und
schicken buntglühende Sterne
dem Weihnachtsgeschäft hinterher. Champagner-
suff und Glück. Und jeder Stich ein Ass,
die Skikanonen tun ihr Bestes, nachts dröhnt
das Gaukellicht. Es ist soweit:
Wir stehen vor der Falltür
des dritten Jahrtausends, Krawattenpflicht.
Ein Lichtlein brennt,
erst eins, dann zwei,
wenn erst der Baum im Flammen steht,
sind wir bereit, ein Feuerwerk, erst eins,
dann zwei, wenn gar die Wüste brennt,
verlöschen unsre Wunderkerzen.
Dies nennen wir dann
Handlungsbedarf.
(1990)
OBDACH
Jaja
ich gestehe
ich habe gesündigt
und Schulden auf mich geladen
und Ratenzahlung Leasingverträge
und Wechsel ungedeckt
still vor mich hingesungen
in meinem Badewannenglück
Doch dann das Konto
ohne die Wärme schwarzer Zahlen
die Tresortür fällt zu und draußen
stehst du mußt dem Regen in die Traufe folgen
und heimlich schaut die Ordnungsmacht
dir hinterher
Da zieht die
Winterkälte
dir das Fell über die Ohren
blau sind die Lippen
die Krähen lachen sich kaputt
Doch dann am Wegesrand
die Stütze
für den Rücken und den Arsch
du findest Obdach
eine Bank
und läßt dich nieder.
(1990)