Fritz H.
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Kreativ Schreiben
Handwerk und Techniken des Erzählens.
Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe




Vorwort
"Eine Symbiose von Handwerk und Geheimnis"


 
"Das Schreiben ist zweifellos eine Symbiose von Handwerk und Geheimnis." Diese Feststellung von Wolfgang Weyrauch hat im Lauf der Jahre nichts an Richtigkeit eingebüßt, und man kann sie ergänzen: Über Geheimnisse lässt sich nur rätseln. Ein Handwerk dagegen kann man lernen.

Mit diesen Sätzen leitete ich vor zwanzig Jahren das vorliegende Buch ein, das sich zu einem Longseller und Standardwerk entwickelte und das nun in einer umfassenden Neubearbeitung und Erweiterung erscheint, zusätzlich ergänzt durch Teile aus meinem zweiten Kreativ-schreiben-Buch über die Geheimnisse des Erfolgs.

Während der vergangenen Jahrzehnte haben wir literarische Moden kommen und gehen gesehen und mit ihnen Überraschungserfolge wie sang- und klangloses Verschwinden zahlreicher Bücher. Manche Autoren, die damals noch in aller Munde waren, sind kaum noch präsent, andere vergessen. Zudem hat sich das kreative Schreiben im deutschsprachigen Raum enorm ausgeweitet und ist nun eine etablierte Größe.

Daher wurde es Zeit, meinen Ratgeber zum Handwerk des Erzählens neu zu gestalten und das einzuarbeiten, was in der letzten zwei Jahrzehnten an Erkenntnissen hinzugekommen ist. Natürlich wurden auch einige Beispiele aktualisiert. Außerdem ist nicht mehr zu übersehen, dass sich die zunehmende Bedeutung des Internets sowie die starke Entwicklung von e-book und self-publishing auf den literarischen Markt auswirken. Wohin uns dieser Trend führen wird, ist zurzeit noch gar nicht abzusehen.

Gleichwohl gilt: Die grundlegenden Prinzipien des Kreativen Schreibens haben sich nicht wesentlich geändert. Dies zeigt sich rasch beim Studium der neueren Literatur zum Thema.

Daher gilt noch immer, dass zum Schreiben Talent im Umgang mit der Sprache, Beobachtungsgabe, Phantasie und Fabulierlust gehören, dass aber all diese Fähigkeiten nicht ausreichen, einen guten und, wenn möglich, auch erfolgreichen Roman zu verfassen. Eine Menge handwerklichen Könnens ist Voraussetzung. Denn Schreiben besteht, wie Umberto Eco und vor ihm schon viele andere betont haben, zu zehn Prozent aus Inspiration und zu neunzig Prozent aus Transpiration. Aus einem Teil Geheimnis und neun Teilen Handwerk.

Das Handwerk, von dem dieses Buch handelt, zielt auf ein Schreiben, das Leser durch Eleganz, Intensität, Phantasie und Emotion ansprechen und verführen möchte. Es meint eine Literatur, die uns von Menschen und ihren verschlungenen, abenteuerlichen und tragischen Schicksalen erzählt, die uns auf kluge und klare, unterhaltsame, berührende und fesselnde Weise neugierig und nachdenklich macht und unser Wissen vom Menschen erhöht. Bei ihr sollten weder Spaß noch Spannung, weder Erkenntnis noch Faszination fehlen; zugleich verzichtet sie auf triviale Effekthascherei, Stereotype und Klischees.

Geleitet von diesen Prinzipien versuche ich, Voraussetzungen und grundlegende Techniken eines Erzählens zu vermitteln, das sich an dramatischen Geschichten orientiert und in der Lage ist, uns erfolgreich und innerlich beteiligt in den fiktionalen Traum hineinzuziehen.

Ich stütze mich in erster Linie auf Autoren des amerikanischen creative writing, die, selbst Schriftsteller, aus ihrer Werkstatt plaudern und die Regeln des Handwerks weiterzugeben versuchen. Darüber hinaus sind vielfältige Äußerungen europäischer Autoren zu dem Wie, Warum und Wozu ihres Metiers in meine Überlegungen eingeflossen und nicht zuletzt eigene Erfahrungen. Seit über fünfzig Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Literatur, schreibend, forschend und unterrichtend. Neben meinen wissenschaftlichen Arbeiten und Sachbüchern habe ich bisher zehn (meist historische) Romane veröffentlicht und noch weitere geschrieben. Unter meinen historischen Romanen erreichten zwei Bestseller-Rang. Andere Romane, die meist in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts spielen, liegen noch in der Schublade bzw. auf der Festplatte meines Computers. Von fast allen gibt es mehrere Fassungen. Einen Roman immer wieder zu bearbeiten oder neu zu schreiben, kann zwar mühsam sein, ist aber in aller Regel lehrreich. Über das Handwerk des Erzählens, über das Funktionieren zahlreicher Prinzipien des creative writing lernte ich mit jedem neuen Roman oder jeder Neubearbeitung eine ganze Menge.

 

Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass alle Ratschläge in diesem Buch nur Vorschläge sein können, Hinweise und hilfreiche Tipps, Wegweiser und Ge(h)hilfen, keine Bedienungsanleitungen oder Rezepte, die einen Erfolg garantieren. Erfolg bleibt immer unwägbar, weil er auch von unbegriffenen und zudem rasch wechselnden Faktoren des öffentlichen wie individuellen Geschmacks abhängt. Jeder, der Bücher schreibt, verlegt oder verkauft, weiß, wie schwer vorherzusagen Trends sind, wie rasch der eine out und der andere in sein kann. Er weiß ebenso, dass gelegentlich ein Aspekt des Schreibens gegen die erprobte Regel funktioniert. Dabei wird allerdings die Regel nicht außer Kraft gesetzt, eher modifiziert. Schreiben ist keine mechanische Anwendung von Techniken, sondern kreatives Tun, das – wie alle Kunst – auf handwerklicher Grundlage beruht und sich dann in einem Spannungsverhältnis von Konvention und Abweichung entfaltet, daraus seinen Reiz, sein Geheimnis und nicht zuletzt seine Überzeugungskraft gewinnt.

Auf jeden Fall gilt, was bereits dem scharfsinnigen und unkonventionellen Voltaire und Chr. M. Wieland, dem großen deutschen Romancier des 18. Jahrhunderts, zugeschrieben wird und was der kürzlich verstorbene Marcel Reich-Ranicki nie zu verkünden unterließ: »Jede Art von Literatur ist erlaubt, außer der langweiligen.«

 

Mit meinem Buch möchte ich diejenigen ansprechen, die gern schreiben wollen und nicht recht wissen, wie sie es anstellen sollen; außerdem diejenigen, die zu schreiben begonnen haben und handwerkliche Hilfe benötigen. Aber auch selbstkritische Profis, die ihre Texte auf Schwachpunkte und Wirksamkeit überprüfen, dürften von dem Buch profitieren. Nicht zuletzt wende ich mich an Lehrende und Lernende in Schule, Universität und Erwachsenenbildung, in Kursen und workshops, kurzum, an alle, die sich eine Übersicht darüber verschaffen wollen, nach welchen Regeln, nach welcher ›Poetik‹ anspruchsvoll-unterhaltsame Literatur entsteht und unter welchen Bedingungen sie funktioniert.



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